Der Plan

Der Deutsche Widerstand gegen den Nationalsozialismus war vielfältig motiviert, namentlich leiteten kommunistische, sozialistische, christliche, konservative, patriotische und auch reaktionäre, aber auch einfach nur menschenrechtliche Motive die Widerständler. Entsprechend verschiedenartig waren auch die Widerstandsgruppen und deren Ziele. Einen einheitlichen Widerstand, ideell geeint, hat es zu keiner Zeit im Dritten Reich gegeben, so dass man von DEM Deutschen Widerstand im Grunde gar nicht sprechen kann.
Doch haben sich drei Widerstandsgruppen im Lauf der Jahre bis zum 20. Juli 1944 enger zusammengeschlossen. Ihre Aktionen wurden gemeinsam geplant und durchgeführt. Nur deren Aktionen -mit der Absicht eines Staatsstreichs- sollte das Regime schließlich ernsthaft gefährenden.
Bei den drei Gruppen handelte es sich um:

1.
eine konservative Gruppe um den ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Carl Goerdeler und den 1938 aus Protest gegen Hitlers Kriegspolitik zurückgetretenen Chef des Generalstabs des Heeres, Generaloberst Ludwig Beck. Sie stellte u.a. die Personen, die unmittelbar nach dem geplanten Umsturz höchsten Regierungsämter übernehmen sollten. So sollte Beck Reichststatthalter und Goerdeler Reichskanzler werden.

2.
Der überwiegend von christlich-sozialistischen Motiven geleitete „Kreisauer Kreis“ dem u.a. Helmuth James Graf von Moltke, Peter Graf Yorck von Warthenburg und Adam von Trott zu Solz angehörten. Sie entwarfen Pläne für eine politisch-gesellschaftlich Neuordnung nach einem vollzogenen Umsturz.

3.
Der militärische Widerstand um Henning von Tresckow, Friedrich Olbricht, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, um nur einige Hauptakteure zu nennen. Sie kümmerten sich primär um die Attentatsvorbereitungen, die sog. Initialzündung des Staatsstreichs. Außerdem bereiteten sie die vorgesehenen militärischen Aktionen des Ersatzheeres gegen das Regime vor.

Daneben traten noch zahlreiche Einzelpersonen (Anwälte, ehemalige Gewerkschaftsführer, Personen aus der Wirtschaft, der Kirche und von staatlichen Institutionen) in Erscheinung. Auch gab es besonders im Amt Abwehr eine Zelle von Widerständlern um den Admiral Canaris und im Auswärtigen Amt eine um den Staatssekretär Ernst von Weizäcker, die sich an den Planungen und Aktionen der oben genannten Gruppen beteiligten.

Die Planungen dieser Widerstandsgruppen sahen vor, dass für den Umsturz das Ersatzheer für die Übernahme der Regierungsgewalt nutzbar gemacht werden sollte. Das Ersatzheer umfasste im Wesentlichen die Truppen innerhalb des Reiches, die nicht an der Front im Kriegseinsatz waren, so z.b. Wachtruppen, Ausbildungseinheiten, Einheiten die gerade in der Heimat neu aufgestellt oder aufgefüllt wurden und Kriegsschulen. Dem Ersatzheer waren außerdem alle Soldaten von Fronteinheiten unterstellt, die sich gerade in der Heimat aufhielten, z.B. wenn sich Soldaten im Urlaub, in Lazaretten, zur Rekonvaleszenz oder zur Ausbildung im Reichsgebiet befanden. Die Soldaten wurden dann automatisch dem Ersatzheer -für die Dauer ihrer Abwesenheit von der Fronteinheit- zugeordnet. Das Ersatzheer umfasste ferner die Abteilungen der Inspekteure für die verschiedenen Truppengattungen des Heeres (z.B. Inspekteur der Infanterie, der Artillerie, der Nebeltruppe usw.), für die Ausbildung sowie für die Offiziersausbildung. Außerdem gehörten das Allgemeine Heeresamt, das Heereswaffenamt sowie das Heeresverwaltungsamt mit den Wehrkreiskommandos zum Ersatzheer.

Um das Ersatzheer für den Umsturz planmäßig in Marsch zu setzen, wurden verschiedene Vorbereitungen getroffen. Befehle wurden genauestens vorbereitet, um am Tag des Umsturzes keine Zeit zu verlieren. Die im Reich stationierten Heeresverbände mussten schnell, reibungslos und überraschend zupacken können, um insbesondere Parteidienststellen, Rundfunkanstalten und Regierungsstellen zu besetzen. Hitlertreue militärische Verbände (z.B. SS) mussten entwaffnet werden.
Das Deutsche Reich war in Wehrkreise aufgeteilt. Für den Umsturz war es entscheidend, von Berlin aus die Wehrkreiskommandos auf die Seite der Verschwörer zu ziehen, d.h. am „Tag X“ (dem Tag des Umsturzes) dafür zu sorgen, dass die Wehrkreiskommandos die Befehle vom Befehlshaber des Ersatzheeres befolgten.
Für den Erfolg war es also entscheidend, dass die Befehle an das Ersatzheer ohne große Zweifel -und damit verbundene Rückfragen- befolgt werden würden.

Basis für diese ganzen Vorbereitungen war der bereits bestehende, von der Regierung beschlossene „Walküre“-Plan. Nach dem Walküre-Plan vom 31. Juli 1943 sollten für den Fall innerer Unruhen (z.B. Aufstand von Fremdarbeitern, Sabotageaktionen feindlicher Agententrupps im Reich usw.) Einheiten des Ersatzheeres die Lage bereinigen. Die Verschwörer wollten nun unter Suggerierung eines Putsches von Partei und SS eben diesen Plan für ihre eigenen Zwecke ausnutzen, also die entsprechenden Stellen der SS und der Partei sowie andere wichtige Orte wie z.B. Rundfunkhäuser besetzen lassen.
Der Walküre-Plan wurde von den Verschwörern modifiziert, etwa um Zeitpläne besser aufeinander abzustimmen, Aufmärsche zu beschleunigen usw. Diese Modifizierungen ließen sich gegenüber dem Regime als Optimierungen für den ursprünglich vorgesehenen Zweck (Reaktion auf innere Unruhen) rechtfertigen.

Der Befehlshaber des Ersatzheeres war seit 1939 Friedrich Fromm. Er war außerdem Chef der Heeresrüstung. Er wusste um die Existenz der konspirativen Umsturzbestrebungen in seiner unmittelbaren Umgebung in der Bendlerstraße in Berlin. Er machte aus seiner eigenen Abneigung gegen Hitler in persönlichen Gesprächen keinen Hehl, hütete sich aber, dies öffentlich zu tun.
Er ließ die Verschwörer durch Andeutungen wissen, dass er auf ihrer Seite sei, aber nur, wenn der Umsturz Aussicht auf Erfolg habe und wenn Hitler tot sei. Fromm selbst vertrat die Auffassung, angesichts der kritischen Kriegslage, dass die einzige „Chance“ für Hitler sei, sich umzubringen. Gleichwohl war er ein Opportunist und die Verschwörer konnten sich nie sicher sein, auf welcher Seite er am „Tag X“ wirklich stehen würde.
Fromm musste für die Verschwörer gewonnen werden, denn er musste als Befehlshaber des Ersatzheeres die Walküre-Befehle unterschreiben. Er alleine hatte -neben Hitler- die Möglichkeit gemäß seiner Kompetenzen, den Walküre-Plan bei Bedarf auszulösen.

„Technischer Leiter“ der Verschwörer war seit Frühjahr 1942 der zum Chef des Allgemeinen Heeresamtes ernannte General Friedrich Olbricht. Er modifizierte maßgeblich den Walküre-Plan im Sinne der Verschwörer und war neben Stauffenberg und Henning von Tresckow ein Haupt-Koordinator und Organisator des militärischen Teils der Umsturzpläne.
Chef des Stabes bei Olbricht wurde der Mitverschwörer Oberst Albrecht Mertz von Quirnheim. Er trat im Juni 1944 die Nachfolge Stauffenbergs an, der neuer Chef des Stabes beim Oberbefehlshaber des Ersatzheeres unter Generaloberst Fromm wurde. Mertz von Quirnheim war engster Mitarbeiter Olbrichts, dies galt für seine offizielle Stellung als Chef des Stabes ebenso wie für die Widerstandsaktivitäten.
Stauffenbergs Adjutant war der Mitverschwörer Oberleutnant Werner von Haeften, der Stauffenberg bei seinen Vorbereitungen und bei der Durchführung den Anschlages unterstützte.

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Verwendete Quellen und Literatur:

[ 1 ]
Peter Hoffmann, „Widerstand, Staatsstreich, Attentat – Der Kampf der Opposition gegen Hitler“, Ullstein-Verlag, 2. Auflage, Frankfurt, Berlin, Wien 1970, S. 466 ff., samt zugehöriger Anmerkungen auf S. 809 ff.

[ 2 ]
„Operation Walküre“, TV- Dokumentation über den 20. Juli 1944 aus dem Jahre 1971,in der u.a. zahlreiche Zeugen von Joachim C. Fest interviewt wurden. Regie: Franz-Peter Wirth

[ 3 ]
Joachim C. Fest, „Staatsstreich – Der lange Weg zum 20. Juli“,
btb-Verlag, 1. Auflage, Berlin 1997